Der größte und vollste Messestand auf der Job4u gehört dem Handwerk

Bild: Kreishandwerkerschaft Oldenburg

Junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern – was nach einer undankbaren und mühseligen Aufgabe klingt, wird mit dem richtigen Ansatz zu einem Mehrwert für alle Seiten: Anlässlich der größten Ausbildungsmesse der Region, der Job4u in den Weser-Ems-Hallen, haben sich sieben Oldenburger Innungen zusammengetan und mit ihrem Gemeinschaftsauftritt einen der größten und am besten besuchten Stände angeboten. Dabei im Fokus: gewerkübergreifende Praxiserfahrung im Handwerk. 

Das Erfolgskonzept weiter ausgebaut

Die Grundidee ist nicht neu: Bereits im vergangenen Jahr hatten sechs Innungen mit einem innovativen Konzept die Messe aufgemischt und am Gemeinschaftsstand den jungen Besucherinnen und Besuchern den Bau einer eigenen Schreibtischlampe angeboten. „In diesem Jahr ging es vor allem darum, das bestehende Konzept zu optimieren, Fehler auszumerzen und Beratungsmöglichkeiten auszubauen“, weiß Jan Oltmanns, Obermeister der Metall-Innung Oldenburg. Neben den bisher vertretenen sechs Gewerken (Maler- und Lackierer-, Metall-, Tischler-, Elektro-, Fliesen- und Natursteinleger-Innung Oldenburg sowie der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Oldenburg), wurde in diesem Jahr die Innung für Land- und Baumaschinentechnik dazugenommen um die anderen Standabschnitte beim Bauprojekt zu entlasten und Beratungskompetenz für einen weiteren Beruf zu schaffen. „Den netten Nebeneffekt, einen größeren und prominenter positionierten Stand, haben wir natürlich gerne mitgenommen,“ lacht Stefan Bohlken, Obermeister der Fliesen- und Natursteinleger-Innung Oldenburg.

Gemeinsames Bauprojekt macht Handwerk erlebbar

Wie im Vorjahr auch lag der Fokus der großzügigen Präsenz auf dem Bau einer Schreibtischlampe. „Das Konzept hat sich bewährt“, bestätigt Dieter Meyer, Obermeister der Elektro-Innung. „Während andere Branchen sich richtig etwas einfallen lassen müssen, was dann oft nur noch am Rande mit dem beworbenen Beruf zu tun hat, begeistern wir einfach mit dem, was wir jeden Tag machen, ergänzt Oliver Brassat, der das Obermeisteramt der Maler- und Lackierer-Innung Oldenburg ausübt.“

Klingt unkompliziert, ist in der Praxis aber eine logistische Meisterleistung: Von der Planung des Standes und des Bauprojektes über die Materialbeschaffung bis zur Koordination von Werkzeugen, Werkbänken und den fast 70 Standbetreuerinnen und Standbetreuern – bei dieser Größenordnung geht es inzwischen nicht mehr ohne akribisches Projektmanagement“, weiß Ricus Dirks, der als Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit der Kreishandwerkerschaft Oldenburg den Auftritt verantwortet.

Das sich der Aufwand dennoch lohnt, zeigt das Fazit: Knapp 200 Lampen wurden innerhalb von nur 10 Stunden Messe durch die jungen Standbesucherinnen und Standbesuchern unter Anleitung gebaut. 

Körperliche Erfahrung hilft bei der Berufswahl

Praktisches Lernen spielt im Schulalltag oft eine untergeordnete Rolle – für viele der jungen Messebesucherinnen und -besucher ist der Bau der Schreibtischlampe die erste Berührung mit dem Handwerk. „Wir müssen vielen erstmal die Bandbreite aufzeigen“, erklärt Jürgen Kreye, Obermeister der Innung für Land- und Baumaschinentechnik Oldenburg. Das eigenwillige Design der Lampe erfüllt daher vor allem den Zweck, die verschiedenen Berufe in der Praxis zeigen zu können, ohne Sicherheitsaspekte außer acht zu lassen.

Los geht es bei der Maler- und Lackierer-Innung, wo eine Metallplatte mit einer Rosttechnik zu veredeln ist. Für den nächsten Schritt geht es weiter zur Metall-Innung, wo die Bodenplatte gekantet und die Standfüße angebracht werden. Bei der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik folgt der aus Kupferrohr selbst zu biegende Lampenarm, auf den bei der Tischler-Innung der Lampenkopf aus Holz aufgesetzt wird. Mit Hilfe der Innung für Land- und Baumaschinentechnik wird die Elektrik vorbereitet, die passenderweise bei der Elektro-Innung scharf geschaltet wird. Zum Schluss wird es noch kreativ: Die Bodenplatte kann bei der Fliesen- und Natursteinleger-Innung mit buntem Mosaik ausgelegt werden. 

Optimierungen runden das Konzept ab

Auch wenn die Lampe selbst im Vergleich zum Vorjahr nur kleinere technische Änderungen erfahren hat, wurden vor allem am Konzept Optimierungen getroffen: Eine der wichtigsten in diesem Jahr ist der große Empfangscounter, mithilfe dessen Start und Ziel des Lampenbaus vorgegeben werden. In festgelegter Reihenfolge werden von hier aus die sieben Standabschnitte der Innungen besucht, bis die potenziellen Handwerkstalente mit ihrer fertigen Lampe automatisch wieder dort ankommen. Das ebenfalls neue Wegeleitsystem hilft dabei. „Neben einer Tüte zum Einpacken gibt es zum Schluss noch ein kleines Abschlussgespräch und Flyer der Gewerke, die am besten gefallen haben, erklärt Cehan San, Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Oldenburg.

Wer es ganz genau wissen möchte, findet anschließend in der neuen Beratungsecke Platz: Der neutral gestaltete und etwas abgeschirmte Sitzbereich in der Mitte des großzügigen Standes steht allen Gewerken für intensive Beratungstätigkeiten zur Verfügung.

Gegenpol zu Industrie und Handel geschaffen

Der 120 Quadratmeter große Auftritt soll ganz bewusst Eindruck hinterlassen. Während Industrie und Handel auf Jobmessen traditionell meist stark vertreten sind, wird dem Handwerk dort oft seine eigentlich sympathische Struktur aus vielen kleinen und mittelständischen Betrieben zum Verhängnis: „Als kleinerer Unternehmer überlege ich mir natürlich zweimal, ob ich den Aufwand und das Geld für einen Messeauftritt investiere. Indem wir auf der Unternehmerverbandsebene agieren und dann auch noch zusammenarbeiten, erhalten wir ganz neue Möglichkeiten und die Belastung für den Einzelnen fällt entsprechend klein aus“, erklärt Ricus Dirks. Auch wenn jede Innung am Stand für ihre eigenen Berufe wirbt, entstehen Synergieeffekte: „Wir schaffen es, mit diesem Konzept das Handwerk insgesamt im Wettbewerb um junge Talente als die attraktive und konkurrenzfähige Branche zu positionieren, die sie ist.“

Konzept erfährt Unterstützung und wird beibehalten

Das Feedback fällt positiv aus: Vor allem von Lehrkräften und den Eltern der Kinder, die eine Lampe bauen, gibt es Lob für den praxisorientierten Ansatz. Kein Wunder also, dass Lieferanten der beteiligten Gewerke das Projekt gerne unterstützen und Material gesponsert haben.

„Das Konzept ist gut – nach jeder Messe reflektieren wir unser Engagement aber auch. Sollten wir irgendwann zu dem Entschluss kommen, dass es eine neue Idee braucht, dann wird es sie geben“, fasst Reiner Huntemann, Obermeister der Tischler-Innung Oldenburg, zusammen.