Die neue Bauproduktenverordnung der EU soll dazu beitragen, einen gemeinsamen europäischen Markt für Bauprodukte zu schaffen. Es handelt sich jedoch um einen Prozess, der sich über Jahre hinziehen wird. Da ist es für Planer und Ausführende am Bau hilfreich, dass bewährte Siegel wie das Emicode-Zeichen weiterhin ein guter Maßstab für die Produktwahl sind.
Am 7. Januar 2025 ist die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur „Festlegung harmonisierter Vorschriften für die Vermarktung von Bauprodukten (EU) 2024/3110“, so die vollständige Bezeichnung für die Bauproduktenverordnung, in Kraft getreten. Allgemein anwendbar wird der neue Rechtsrahmen jedoch erst ab dem 8. Januar 2026. So soll sichergestellt werden, dass die Bauwirtschaft ausreichend Zeit hat, sich mit dem geänderten Rechtsrahmen vertraut zu machen. Darüber hinaus gibt es weitere Fristen: So müssen z. B. Angaben zu Feinstaubemissionen sowie zur Öko- und Humantoxizität erst ab dem 9. Januar 2032 in die Produktdeklaration harmonisierter Bauprodukte aufgenommen werden.
Orientierung an Siegeln sorgt für Klarheit
Angesichts der Übergangsfristen und der damit verbundenen Unsicherheiten rät Klaus Winkels, Geschäftsführer der GEV – Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e. V., allen Akteuren der Bauwirtschaft, sich bei der Produktauswahl an bewährten Siegeln wie dem Emicode-Zeichen zu orientieren. Diese behalten weiterhin ihre Gültigkeit.
„Auch für den Einsatz von Umwelt- und Nachhaltigkeitszeichen wie dem Emicode gibt es Regeln: Die Anforderungen können strenger sein, als es das Gesetz verlangt, doch müssen die Bewertungsmethoden die gleichen sein, nach denen ein harmonisiertes Produkt bewertet ist“, erklärt der Experte. „Damit bleibt Raum für den Emicode als Qualitätssiegel der Extraklasse. Allerdings können methodische Anpassungen im Einzelfall nötig werden.“
Die Bauproduktenverordnung (BauPVO) hat das Ziel, einen einheitlichen Markt für Bauprodukte in Europa zu schaffen, damit Unternehmen ihre Produkte ohne Handelshemmnisse anbieten können. „Die neue Verordnung war erforderlich geworden, da nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die EU dafür verantwortlich ist, dass ‚harmonisierte Normen‘ ohne Mängel entstehen“, sagt Winkels. „Denn über harmonisierte Normen wird von Experten festgelegt, welche jeweiligen Anforderungen ein Bauprodukt zu erfüllen hat. Die Veröffentlichung neuer und Überarbeitung harmonisierter Normen war daher von der EU-Kommission zunächst gestoppt worden.“
Grundlage für Vereinheitlichung der Regeln
Mit der Veröffentlichung der Revision der BauPVO wurde nun die Grundlage für eine weitere Vereinheitlichung der Regeln geschaffen. Diese Harmonisierung erfolgt über den sogenannten Acquis-Prozess: Die Mitgliedsstaaten melden ihre Anforderungen, wobei auch Herstellerverbände beteiligt sind, wenn neue harmonisierte Normen – sogenannte Standardisation Requests – erstellt werden.
Die überarbeitete BauPVO umfasst rund 300 Seiten mit 96 Artikeln und 11 Anhängen. Darin legt die EU unter anderem den Rahmen für die Anforderungen an harmonisierte Bauprodukte fest. Da die Umsetzung in einem nach Prioritäten geordneten Verfahren viele Jahre in Anspruch nehmen wird, bleibt die bisherige BauPVO von 2011 für weitere 15 Jahre in Kraft. Für Bauprodukte, die noch nicht von den neuen Vorschriften erfasst sind, gilt weiterhin nationales Recht – in Deutschland erkennbar am Ü-Zeichen.
Neben der Erfassung der Anforderungen der Mitgliedsstaaten sollen Bauprodukte im Rahmen des „Green Deal“ auch ökologisch nachhaltig sein sowie die Kreislaufwirtschafts- und Klimaziele der EU bedienen. „Die Prüfung der Erfüllung der Anforderungen erfolgt in unterschiedlichen Audit-Verfahren und stellt für die Hersteller eine entsprechende Kostenbelastung dar“, betont Winkels. Ferner hätten die Hersteller für ihre Produkte den Digitalen Produktpass vorzulegen, um die Kommunikation bei der Vielzahl der Anforderungen zu bewerkstelligen.
„Es bleibt offen, ob es der EU gelingt, die vielen Aufgaben, Ziele und Interessen zusammenzubringen“, merkt Winkels an. „In letzter Zeit regt sich politischer Widerstand, dass die Regelungen zu detailliert und kompliziert seien. Dabei wird oft ausgeblendet, dass die Anforderungen meist von den Mitgliedstaaten stammen und in komplizierten Einigungsprozessen erreicht wurden.“ Alle Seiten müssten bestrebt sein, sich auf das Wesentliche zu reduzieren und damit mehr Effizienz in diesem gemeinsamen Markt zu ermöglichen.