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Geschenke im Job: Was ist erlaubt?

Alle Jahre wieder: In der Adventszeit stehen bei vielen Beschäftigten Geschenkkörbe, Weinflaschen oder kleine Präsente auf dem Schreibtisch. Auch auf Kundenseite ist der Wunsch groß, sich mit einem Geschenk für die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Allerdings sorgt das Thema „Geschenke im Arbeitsleben“ regelmäßig für Unsicherheit und kann ernste Konsequenzen haben. Rechtsanwalt Sebastian Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt, worauf Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber, aktuell achten sollten.

Eine eindeutige und allgemeinverbindliche Wertgrenze für Geschenke gibt es in der Praxis nicht. Zwar hält sich hartnäckig ein Orientierungswert von etwa 25 Euro, doch dieser dient lediglich als grobe Richtschnur. Tatsächlich sind die Grenzen fließend und eine schematische Betrachtung verbietet sich. „Maßgeblich ist immer eine Einzelfallbewertung, bei der Erfahrung, Anlass, Position des Beschenkten sowie Zweck und Häufigkeit der Zuwendung bewertet werden. Gerade mehrfach kleine Geschenke über das Jahr verteilt („Anfüttern“) sind gefährlich – werden sie in Summe relevant, kann dies den Eindruck einer unzulässigen Einflussnahme begründen“, so Fachanwalt Müller.

Für vermeintlich harmlose Werbegeschenke wie Kugelschreiber, Notizblöcke oder Kalender („Die drei Ks“) gilt weiterhin: Sie werden als sozialadäquate Höflichkeiten angesehen und sind meist unproblematisch. Wird allerdings ein bestimmter Wert pro Absender und Kalenderjahr überschritten, kann dies eine Melde- oder Ablehnungspflicht nach sich ziehen – abhängig von den internen Compliance-Richtlinien des Unternehmens.

Klare Unternehmensregeln – selten, aber wichtig

Viel zu selten verfügen Unternehmen über eindeutige Regelungen zu Geschenken und sonstigen Zuwendungen. Wo interne Compliance-Richtlinien oder Vertragsklauseln existieren, haben diese unbedingt Vorrang. Wer die darin festgesetzte Grenze überschreitet oder Meldepflichten ignoriert, riskiert arbeitsrechtliche Konsequenzen – bis hin zur – auch fristlosen – Kündigung. Müller: „Im Zweifel sollte daher stets vor Annahme eines Geschenks der Arbeitgeber konsultiert und eine Genehmigung eingeholt werden. Achten Sie darauf, dass relevante Regelungen sich oft im Kleingedruckten oder in Anhängen zu Arbeitsverträgen beziehungsweise Betriebsvereinbarungen befinden.“

In der Praxis setzen inzwischen mehr Unternehmen auf zentrale Geschenke-Annahmestellen oder Sammelaktionen (z. B. zur Versteigerung für den guten Zweck). Manche Arbeitgeber untersagen die Annahme jeglicher Geschenke – das ist auch möglich und rechtlich bindend: Für Beschäftigte gilt dann ein striktes Verbot.

Arbeits- und Strafrecht: Das Risiko der Korruption

Jedes Geschenk, das den Anschein erweckt, die Neutralität oder Integrität eines Beschäftigten zu beeinflussen, birgt arbeitsrechtliche und ggf. strafrechtliche Risiken. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mehrfach entschieden: Wenn die Gefahr besteht, dass sich der Arbeitnehmer wegen der Geschenke so beeinflussen lässt, dass er gegen die Interessen des Arbeitgebers handeln würde, bewegt man sich schon jenseits des rechtlich zulässigen. „Die Grenze ist also erreicht nicht nur bei offenkundigem Fehlverhalten, sondern schon dann, wenn die Gefahr besteht, dass eine Einflussnahme zugunsten eines Dritten denkbar erscheint“, so Müller. Und auch ohne konkreten eingetretenen Schaden drohen Sanktionen. Gerade bei Arbeitnehmern in leitender Funktion oder im Einkauf reicht oftmals schon der Anschein unerlaubter Vorteilsgewährung aus, um arbeitsrechtliche Konsequenzen auszulösen.

Besondere Problemkreise: Digitale Geschenke, Social Media & neue Geschäftsmodelle

Mit fortschreitender Digitalisierung häufen sich neue Geschenkeformen, etwa Gutschein-Codes, Streaming-Abos, digitale Geschenke in Online-Spielen oder gar gesponserte „Giveaways“ auf Social Media. Oft fehlt hierfür ein etabliertes Regelwerk im Arbeitsrecht, doch die Grundsätze bleiben dieselben: Auch digitale Geschenke gelten als Vorteile und können – abhängig von Wert, Anlass und Zusammenhang – problematisch werden. Besonders bei Geschenken über Social-Media-Kanäle besteht die Gefahr, dass diese nicht als private, sondern in dienstlicher Funktion gewährt – und damit arbeitsrechtlich relevant – interpretiert werden.

Praxis-Tipps für Fach- und Führungskräfte

Mitarbeiter sollten ihren Arbeitsvertrag prüfen und ob der Arbeitgeber z.B. eine Compliance-Richtlinie besitzt – und sich daran halten. Unwissenheit schützt hier nicht. Gibt es Unklarheiten, sollte Mitarbeiter die Genehmigung des Arbeitgebers einholen. Besonders, wenn der Schenker einen bestimmten Entscheidungsträger beschenken will und auch wenn wiederholte kleine Geschenke kommen, ist das, vor allem in Summe, gefährlich: Im Zweifel das Geschenk ablehnen. Müller: „Und bitte „kreative Umgehungen“ vermeiden. Geschenke, bei denen eine teure Veranstaltungseinladung als „Fortbildung“ „getarnt“ werden, gehen erst recht nach hinten los, da hier die Verschleierung ja gerade den Vorsatz belegt.“

Fazit: Transparenz und Vorsicht sind Trumpf

Am besten immer offen mit dem Thema umgehen und frühzeitig den Arbeitgeber informieren. Der beste Schutz ist eine klare unternehmensinterne Regelung, die alle kennen und an die sich alle halten. 

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